Eine Patchwork-Familie liegt vor, wenn die Partner Kinder aus früheren Beziehungen mitbringen. Die Partner können dabei verheiratet oder unverheiratet sein. Eine weitere Konstellation ergibt sich, wenn in der neuen Partnerschaft gemeinsame Kinder vorhanden sind.

  • Beispiel 1:Die Eheleute Manfred und Frauke haben jeweils Kinder aus früheren Beziehungen. Manfred hat die beiden Söhne Max und Moritz, Frauke die beiden Kinder Lea und Louis.
  • Beispiel 2: Aus der Ehe von Manfred und Frauke entstammt noch zusätzlich die gemeinsame Tochter Sarah. Ansonsten liegt der Fall wie in Beispiel 1.
  • Beispiel 3: Manfred und Frauke leben ohne Trauschein zusammen und bringen jeweils 2 Kinder aus früheren Beziehungen mit.


Gesetzliche Erbfolge und Pflichtteilsrecht

Je nachdem ob Manfred und Frauke verheiratet sind oder ohne Trauschein zusammenleben, ändert sich die gesetzliche Erbfolge und damit die Pflichtteilsrechte. Wenn, wie im Beispiel 1 Manfred und Frauke verheiratet sind und jeweils 2 Kinder aus früheren Beziehungen mitgebracht haben, entsteht beim Tod eines Ehegatten eine Erbengemeinschaft zwischen der Ehefrau und den eigenen leiblichen Kindern.

Stirbt z.B. Manfred, so wird die im gesetzlichen Güterstand verheiratete Frauke Erbin zu ½, die andere Hälfte des Nachlasses fällt zu je ¼ an die leiblichen Kinder Manfreds, nämlich Max und Moritz.

Umgekehrt entsteht beim Tod Fraukes eine Erbengemeinschaft zwischen Manfred mit der Quote ½ und Fraukes Kindern Lea und Louis mit je ¼.

Achtung:
Bei Erbengemeinschaften zwischen Ehegatten und Stiefkindern ist der Erbenstreit geradezu vorprogrammiert!

Wenn sich die Ehegatten testamentarisch wechselseitig als Alleinerben einsetzen, dann haben die leiblichen Kinder des Verstorbenen Pflichtteilsansprüche gegen den überlebenden Ehegatten. Stirbt z.B. Manfred zuerst, können dessen Kinder Max und Moritz Pflichtteilsrechte gegen ihre Stiefmutter Frauke geltend machen. Dem könnte durch einen notariellen Pflichtteilsverzicht der leiblichen Kinder abgeholfen werden. Dazu sind diese vermutlich aber nur gegen eine Abfindungszahlung bereit.

Haben im folgenden Beispiel Manfred und Frauke neben den vier mitgebrachten Kindern noch die gemeinsame Tochter Sarah, verändert sich die gesetzliche Erbfolge und damit die Pflichtteilssituation. Stirbt Manfred, so entsteht eine Erbengemeinschaft zwischen Frauke mit der Erbquote ½ und den drei Kindern Max, Moritz und Sarah mit der Erbquote von je 1/6 pro Kind. Hierbei ist zu beachten, dass Max und Moritz einerseits und Sarah andererseits jeweils leibliche Kinder des Erblassers sind, untereinander aber Halbgeschwister, da sie verschiedene Mütter haben. Auch hier ist Streit vorprogrammiert!

Umgekehrt verhält es sich, wenn Frauke stirbt. In diesem Fall entsteht eine Erbengemeinschaft zwischen Manfred mit der Quote ½ und den drei Kindern Lea, Louis und Sarah mit der Quote von je 1/6. In beiden Fällen betragen die Pflichtteilsquoten der Kinder jeweils 1/12. Leben Manfred und Frauke ohne Trauschein zusammen, so werden nur die jeweils eigenen Kinder gesetzliche Erben. Der jeweilige Partner hat weder ein gesetzliches Erbrecht, noch ein Pflichtteilsrecht. Zu den eigenen leiblichen Kindern gehört selbstverständlich auch das aus der neuen Beziehung stammende Kind des Erblassers. Dieses hat gegenüber dem leiblichen Elternteil ein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht, nicht aber gegenüber den Stiefeltern.

Erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

Zuerst einmal muss überlegt werden, ob der überlebende Partner bedacht werden soll, oder nur die jeweils eigenen Kinder. In manchen Fällen kann es auch so liegen, dass die Steifkinder wie eigene Kinder des Erblassers behandelt werden sollen und diesen erbrechtlich gleichgestellt werden sollen. In jeder Patchwork-Familie liegen die Verhältnisse anders.

Einfach ist die Gestaltung, wenn nur die eigenen Kinder versorgt werden sollen, weil z.B. der überlebende Ehegatte selbst vermögend ist und einer erbrechtlichen Zuwendung nicht bedarf. In diesem Fall wird lediglich ein Testament zugunsten der eigenen Kinder errichtet. Ansonsten kann dem Partner (Ehegatte oder unverheirateter Lebenspartner) entweder eine Erbenstellung oder ein Vermächtnis zugewandt werden. Sollen die Verfügungen bindend, d.h. nach dem Tod des ersten Partners nicht mehr widerruflich sein, können Ehegatten die Form des gemeinschaftlichen Testaments oder des Erbvertrags wählen.

Nicht verheiratete Paare können kein gemeinschaftliches Ehegattentestament errichten. Sie können bindende Verfügungen nur in Form des Erbvertrages errichten. In jedem Fall muss beachtet werden, dass nicht beim Tod des bedachten Ehegatten oder Lebenspartners ungewollt ein Teil des eigenen Nachlasses dessen Kindern, also den Stiefkindern zugutekommt. Um das zu verhindern, stehen zwei Möglichkeiten offen:

1. Vor- und Nacherbschaft

Der Partner wird lediglich als befreiter oder nicht befreiter Vorerbe eingesetzt, die eigenen Kinder als Nacherben. Ist der Partner befreiter Vorerbe, kann er z.B. über geerbte Grundstücke verfügen, d.h. diese veräußern oder hypothekarisch belasten. Ist er nicht befreiter Vorerbe, so kann er keine wirksamen Grundstücksverfügungen vornehmen. Stirbt der überlebende Partner, so werden unmittelbar die eigenen Kinder des Erblassers Nacherben. Diese erben nicht vom Vorerben, sondern direkt vom Erblasser, d.h. von den eigenen leiblichen Eltern.

Der Vorerbe war nur „Erbe auf Zeit“ und muss den Nachlass als getrenntes Sondervermögen verwalten. Er kann über diese Nachlass nicht testamentarisch zugunsten eigener Verwandter verfügen. Mit der Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft wird sichergestellt, dass der Nachlass (soweit beim Tode des Partners noch vorhanden) erbrechtlich an die eigenen Nachkommen gelangt

2. Vermächtnis

Eine wirtschaftlich ähnliche Wirkung wie bei der Anordnung der Vor- und Nacherbschaft erzielt man indem man dem überlebenden Partner an Nachlassgegenständen lediglich ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht zuwendet. Dann werden die eigenen leiblichen Kinder Erben und somit Eigentümer des Nachlasses, während der überlebende Partner ein lebenslängliches Nutzungsrecht hat, das aber mit seinem Tode erlischt. Der Nachlass kann so nicht in die Hände der Stiefkinder fallen.

Der überlebende Partner kann, während die eigenen Kinder Erben sind, über Vermächtnisse verschiedensten Inhalts geschützt und versorgt werden. Z.B. kann ihm per Vermächtnis ein lebenslanges Wohnrecht an dem Haus oder der Eigentumswohnung des Erblassers zugewendet werden. Er kann über ein Geldvermächtnis versorgt werden, es können ihm Schmuck, Kunstgegenstände und Hausrat vermächtnisweise zugewandt werden etc. Um die Stellung des überlebenden Partners gegenüber den möglicherweise nicht wohlgesonnenen Stiefkindern zu stärken, kann diesem die Position des Testamentsvollstreckers zugedacht werden, der für die Vermächtniserfüllung zu sorgen hat.

Kein Erbrecht für getrennt lebende oder geschiedene Ex-Partner!

Lebte man mit dem Ex-partner ohne Trauschein zusammen, hat dieser kein gesetzliches Erb- oder Pflichtteilsrecht. Wurde die Ehe rechtskräftig geschieden, gilt das Gleiche. Gleichwohl droht die Gefahr, dass über den Umweg der erbberechtigten eigenen Kinder der Nachlass ganz oder teilweise an den Ex-Partner gelangt.

Beispiel: Michael wurde rechtskräftig von seiner früheren Frau Xenia geschieden. Aus der geschiedenen Ehe ging der Sohn Siegmund hervor. Da Siegmund das einzige Kind Michaels ist, setzt er ihn testamentarisch als Alleinerben ein. Siegmund stirbt zwei Jahre nach Michaels Tod aufgrund eines Verkehrsunfalls. Eigene Kinder hat Siegmund nicht.

Lösung: Siegmund erbt zunächst Michael Nachlass. Dieser verschmilzt mit seinem eigenen Vermögen zu Siegmunds Gesamtvermögen. Wenn Siegmund nach seinem Vater kinderlos verstirbt, wird seine Mutter gesetzliche Erbin. Da Michael außer Siegmund keine anderen Abkömmlinge hatte, würde Xenia Siegmunds Alleinerbin. Damit erhält sie mittelbar den Nachlass Michaels. Wenn Michael dies verhindern will, muss er seine Vor- und Nacherbschaft anordnen. Er wird seinen Sohn Siegmund als befreiten Vorerben einsetzen und andere Personen als Nacherben. Nacherben können auch die noch ungeborenen Enkel sein, sofern diese dann bei Siegmunds Tod vorhanden sind. Um Siegmund nicht zu schädigen, sollte aber eine befreite Vorerbschaft angeordnet sein, wobei Siegmund (Soweit gesetzlich zulässig) von allen Beschränkungen des Vorerben befreit werden soll.